Neue gesetzliche Widerrufsbelehrung zum 11 Juni 2010 / Wichtige Gesetzesänderung im Widerrufsrecht
Datum: Dienstag, dem 11. Mai 2010
Thema: Auto Infos


Zum 11. Juni 2010 gibt es im Widerrufsrecht einige Regeländerungen, die sich unmittelbar in der Praxis auswirken werden. Aktuell gültige Widerrufsbelehrungen werden dann rechtswidrig und müssen entsprechend angepasst werden. Händlern, die sich nicht auf die Umstellung vorbereiten, drohen kostspielige Abmahnungen. Die IT-Recht Kanzlei zeigt, worauf Online-Händler achten müssen.

Einleitung
Der 11. Juni 2010 ist ein besonderes Datum. An diesem Tag beginnt nicht nur die erste Fußballweltmeisterschaft auf dem schwarzen Kontinent, sondern in Deutschland tritt auch eine wichtige Gesetzesänderung in Kraft, die es in sich hat.

Wichtige, praxisrelevante Punkte im Widerrufsrecht ändern sich, viele Händler werden ihre Widerrufsbelehrungen termingenau zum 11. Juni abändern müssen. Und selbst wer dies beachtet, ist vor Rechtsstreitigkeiten nicht vollkommen sicher.

Das Gesetz zur Gesetzesänderung
Stein des Anstoßes ist die Verabschiedung des so genannten "Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie, des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht".

Der entsprechende Gesetzesentwurf kann auf der Seite des Bundestages an dieser Stelle als PDF-Datei heruntergeladen und eingesehen werden.

Widerrufsfrist bei Internetauktionen: nun zwei Wochen statt einem Monat möglich!
Neue Widerrufsfrist bei Ebay-Geschäften möglich
Für viele Ebay-Verkäufer (und andere Händler, die auf ähnlichen Internetplattformen ihre Produkte anbieten) ist dies die wohl wesentlichste Änderung, die das neue Gesetz mit sich bringt: So gilt ab dem 11.6.2010, dass Verbrauchern bei Geschäften auf Ebay (und ähnlichen Plattformen) unter bestimmten Voraussetzungen nur noch eine Widerrufsfrist von zwei Wochen zusteht. Bislang galt bei Geschäften, die über Ebay abgewickelt wurden, eine Widerrufsfrist von einem Monat.

Rückblende - wie ist eigentlich die aktuelle Rechtslage?
Zur Erinnerung und Erläuterung eine kurze Historie: bislang bestimmt das Gesetz in § 355 Absatz 1 Satz 2 BGB, dass der Widerrufsberechtigte sein Widerrufsrecht innerhalb von zwei Wochen ausüben kann, wobei die Frist gemäß § 355 Absatz 2 Satz 1 BGB mit dem Zeitpunkt zu laufen beginnt, zu dem der Verbraucher eine deutlich gestaltete Belehrung über sein Widerrufsrecht (sog. "Widerrufsbelehrung") in Textform mitgeteilt worden ist.

Nach § 355 Absatz 2 Satz 2 BGB beträgt die Widerrufsfrist sogar einen Monat, wenn die entsprechende Belehrung erst nach Vertragsschluss erfolgt.

Die Rechtsprechung stellte diesbezüglich in der Vergangenheit fest, dass eine Widerrufsbelehrung auf einer Internetseite, z.B. auf der Verkäuferseite eines Ebay-Händlers, nicht der gesetzlich geforderten Textform im Sinne des § 126b BGB genügt. Denn eine solche Belehrung auf einer Internetseite sei nicht dauerhaft - aber genau das müsste sie gemäß § 126b BGB sein. Demgegenüber akzeptierte die Rechtsprechung die E-Mail als eine Mitteilung in Textform. Denn auf eine E-Mail kann dauerhaft zugegriffen werden, da sie solange im E-Mail-Postfach aufbewahrt werden kann, wie es der Verbraucher wünscht.

Die Folge dieser Rechtsprechung war, dass aufgrund des Ablaufs eines typischen Ebay-Geschäfts immer eine Widerrufsfrist von einem Monat galt. Denn erst die Widerrufsbelehrung, die im Rahmen der Bestätigungsmail nach Abschluss einer Ebay-Auktion erfolgte, genügte in den Augen der Rechtsprechung den Anforderungen des Gesetzes, so dass - der Vertrag ist ja dann bereits geschlossen - immer ein Fall der Belehrung nach Vertragsschluss, also ein Fall der einmonatigen Widerrufsfrist vorlag.

Was ändert sich nun ab dem 11. Juni?
Der Gesetzgeber hat mit Wirkung zum 11. Juni 2010 den Wortlaut des § 355 BGB wesentlich geändert. Die Absätze zwei bis vier wurden komplett umformuliert. Daraus folgt nun, dass

die Widerrufsfrist 14 Tage dauert, wenn die (vollständige) Widerrufsbelehrung dem Verbraucher spätestens zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses in Textform mitgeteilt wird (dies galt schon bisher, s.o.)
die Widerrufsfrist bei Fernabsatzverträgen (somit bei vielen Verträgen, die im Internet geschlossen werden) auch dann 14 Tage dauert, wenn die (vollständige) Widerrufsbelehrung unverzüglich nach Vertragsschluss dem Verbraucher in Textform (z.B. als E-Mail) mitgeteilt wird.
die Widerrufsfrist einen Monat dauert, wenn die Mitteilung (also Belehrung) nicht mehr unverzüglich nach Vertragsschluss, sondern später stattfindet.
Diese Gesetzesänderung führt dazu, dass in allen Fällen, in denen der Verkäufer dem Verbraucher aus praktischen oder technischen Gründen (bei einer Ebay-Auktion weiß der Verkäufer ja erst mit dem Ende der Auktion, wer sein Vertragspartner ist) zwar unmittelbar, aber eben doch erst nach Vertragsschluss die Widerrufsbelehrung in Textform (etwa in Form einer E-Mail) zukommen lässt, nun nicht mehr ein einmonatiges, sondern nur noch ein zweiwöchiges Widerrufsrecht besteht.

Was heißt "unverzüglich"?
In der Praxis wird es nun in Streitfällen darauf ankommen, was man unter "unverzüglich" im Sinne des neuen § 355 BGB zu verstehen hat. Dazu sagt das Gesetz selbst nichts, jedoch macht die Gesetzesbegründung hierzu Ausführungen. Diese verweist u.a. auf die Regelung des § 121 Absatz 1 Satz 1 BGB, wo "unverzüglich" als "ohne schuldhaftes Zögern" definiert wird. Zudem führt die Gesetzesbegründung unter Verweis auf einschlägige Fachliteratur hierzu weiter aus:

Unverzüglich bedeutet, dass der Unternehmer die erste ihm zumutbare Möglichkeit ergreifen muss, um dem Verbraucher die Widerrufsbelehrung in Textform mitzuteilen. Der Unternehmer verzögert die Erfüllung seiner Belehrungspflicht in der Regel schuldhaft, wenn er nicht spätestens am Tag nach dem Vertragsschluss die Widerrufsbelehrung in Textform auf den Weg bringt."
Die Gesetzesbegründung ist nicht das Gesetz selbst. Dies bedeutet, Gerichte könnten zukünftig auch einen anderen Zeitraum als (noch) "unverzüglich" ansehen; sie sind daran nicht gebunden. Dennoch kann man sich als Richtwert wohl merken, dass ein Zeitraum von einem Tag noch als unverzüglich gilt. Im Einzelfall kann jedoch selbstverständlich auch etwas Anderes gelten.

Wertersatz für die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme
Parallel zur Änderung der Widerrufsfrist bei Fernabsatzgeschäften hat der Gesetzgeber auch die damit verbundenen rechtlichen Fragen entsprechend angepasst.

So kann nach der bis zum 11.6.2010 geltenden Rechtslage ein Unternehmer gemäß § 357 Absatz 3 BGB vom Verbraucher wegen einer durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme der Sache entstandenen Verschlechterung Wertersatz verlangen, wenn er den Verbraucher spätestens bei Vertragsschluss in Textform darüber aufgeklärt und so auf diese Möglichkeit hingewiesen hat.

Hierzu ein kurzes Beispiel:

Der typische Fall ist der Kauf eines Neuwagens. Schon allein durch die Zulassung eines fabrikneuen Pkws sinkt dessen Marktwert, da es sich nun - ohne dass das Fahrzeug auch nur einen Meter bewegt wird - nicht mehr um ein nagelneues Fahrzeug handelt. Den entsprechenden Wertunterschied kann der Händler nun unter Umständen vom Käufer ersetzt verlangen, wenn die entsprechenden gesetzlichen Voraussetzungen gegeben sind. Dies ist deshalb gerechtfertigt, weil der Händler das Auto nun nicht mehr zum vollen Preis verkaufen kann.
Nach der gesetzlichen Neuregelung ab 11.6.2010 genügt es - parallel zur neuen Widerrufsfristenregelung -, wenn der Hinweis hierauf in Textform zumindest unverzüglich nach Vertragsschluss gegenüber dem Verbraucher (Käufer) stattfindet.

Demzufolge scheint es für Unternehmer nun einfacher zu sein, von ihren Kunden für Verschlechterungen, die durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme entstanden sind, Wertersatz zu verlangen. Allerdings ist diese deutsche Regelung vom Europäischen Gerichtshof beanstandet worden, so dass im Moment fraglich ist, ob sie aktuell noch Geltung besitzt, also ob es Unternehmern überhaupt erlaubt ist, entsprechenden Wertersatz zu verlangen. Diese rechtliche Schwebelage wird weiter zu beobachten sein.

Die BGB-InfoV entfällt!
Alle Fernabsatzhändler müssen den Text ihrer Widerrufsbelehrungen auch insofern zum 11.6.2010 ändern, als dass sie in ihr nicht mehr - wie bislang - auf die BGB-InfoV (=Verordnung über Informations- und Nachweispflichten nach bürgerlichem Recht) verweisen dürfen. Diese wird es ab dem Stichtag nämlich nicht mehr geben. Stattdessen werden die entsprechenden Regelungen nun in das sog. "Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch" (kurz: EGBGB) aufgenommen.

Der Hintergrund dieses für Laien möglicherweise sinnlos erscheinenden Vorgangs ist der folgende: Die BGB-InfoV ist nur eine sog. Rechtsverordnung, die nicht vom Bundestag (der legislativen, also gesetzgebenden Gewalt), sondern von einem Ministerium (also der Exekutive) erlassen wurde und daher in der Rangordnung der Rechtsnormen unter einem Gesetz, das vom Bundestag erlassen wurde (=sog. "formelles Gesetz"), steht.

Dieser "mindere Rang" der BGB-InvoV hatte konkrete, praktische Auswirkungen. Vor allem bei der sog. Musterwiderrufsbelehrung, die in der BGB-InfoV enthalten ist, kam es zu rechtlichen Problemen. Da die Musterwiderrufsbelehrung teilweise nicht den (höherrangigen) gesetzlichen Anforderungen entsprach, obwohl sie von einem Ministerium erlassen worden ist, bekamen Händler, die diese Musterwiderrufsbelehrung verwendet haben, vor den Gerichten Probleme. Dies verunsicherte selbstverständlich viele Unternehmer, die sich darauf verlassen hatten, nichts Falsches zu tun, wenn sie sich an die Musterwiderrufsbelehrung des Ministeriums hielten.

Nun erhalten alle Regelungen, die bislang in der BGB-InfoV geregelt sind (somit auch die Musterwiderrufsbelehrung) zum 11.6.2010 den Rang eines Gesetzes, so dass ihr mehr Vertrauen entgegen gebracht werden kann. Dies bedeutet im Konkreten, dass Händler, die sie als Vorlage verwenden, keine Angst mehr vor den Richtern haben müssen.

Konsequenzen ziehen - handeln!
Die gesetzlichen Änderungen führen dazu, dass alle bislang rechtsgültigen Widerrufsbelehrungen ab dem 11.6.2010 rechtswidrig sind.

Abmahngefahr
"Abmahngeneigte" stehen sicherlich bereits in den Startlöchern und warten darauf, dass Online-Händler den Termin zur Anpassung ihrer Widerrufsbelehrung verpassen. Händler sollten daher unbedingt darauf achten, sich frühzeitig um eine neue Widerrufsbelehrung zu kümmern und diese zeitgenau zum 11.6.2010 einzusetzen. Vor diesem Termin darf die neue Widerrufsbelehrung allerdings noch nicht verwendet werden - davor ist sie rechtswidrig und kann wohl zu Abmahnungen führen!

Keine Übergangsregelung
Es gibt keine Übergangsregelung, so dass tatsächlich bis zum 11.6.2010 das alte Recht gilt, d.h. bis dahin die aktuell rechtmäßigen Widerrufsbelehrungen zu verwenden sind.

Ab diesem Datum müssen jedoch sofort und ohne Schonfrist die an die neue Rechtslage angepassten Widerrufsbelehrungen verwendet werden.

Hoher Schaden droht!
Leider sind diese Anpassungen nicht das einzige Übel, das mit der Gesetzesänderung droht.

All diejenigen Händler, die in der Vergangenheit bereits einmal wegen einer falschen Widerrufsbelehrung rechtmäßig abgemahnt worden sind und daraufhin eine sog. strafbewehrte Unterlassungs- oder Verpflichtungserklärung abgegeben haben, müssen bei der Änderung ihrer Widerrufsbelehrung besondere Vorsicht walten lassen.

Denn es besteht die Möglichkeit, dass solche Händler durch die Anpassung der Widerrufsbelehrung an die neue Rechtslage gegen die von ihnen abgegeben Unterlassungserklärungen verstoßen und deshalb die vereinbarte Vertragsstrafe bezahlen müssen. Dies erscheint paradox, da die Händler ja nur nach bestem Wissen und Gewissen handeln, wenn sie ihre Widerrufsbelehrung an die neue Gesetzeslage anpassen. Im Übrigen würden sie sich ja gerade auch der Gefahr neuer Abmahnungen aussetzen, wenn sie dies nicht tun. Dennoch droht die Strafzahlung.

Dazu ein Beispiel:

Der Ebay-Händler "elektrostar23" wurde im Jahr 2007 - vollkommen zu Recht - vom Mitbewerber "kein_schrot11" abgemahnt, weil er in seiner Widerrufsbelehrung die Verbraucher darauf hinwies, dass sie ein zweiwöchiges Widerrufsrecht hätten. Tatsächlich stand den Verbrauchern aufgrund der alten Rechtslage jedoch eine Widerrufsfrist von einem Monat zu. elektrostar23 sah damals seinen Fehler ei und unterzeichnete eine mit 5000 Euro bewehrte Unterlassungserklärung mit dem Inhalt, "zukünftig nicht mehr die Verbraucher darauf hinzuweisen, sie hätten eine Widerrufsfrist von zwei Wochen". Diese Erklärung schickte elektrostar23 damals an seinen Mitbewerber "kein_schrot11" zurück.
Wegen der Gesetzesänderung ändert elektrostar23 seine Widerrufsbelehrung entsprechend zum 11.6.2010 und weist - jetzt ja rechtlich zutreffend - die Verbraucher darauf hin, dass die zweiwöchige Widerrufsfrist gelte. Damit tut "elektrostar23" jedoch genau das, wozu er sich gegenüber "kein_schrott11" verpflichtet hat, es gerade nicht zu tun. Dies stellt folglich ein Verstoß gegen die Vereinbarung mit seinem Mitbewerber dar, was dazu führt, dass der Mitbewerber die Zahlung der Vertragsstrafe einfordern könnte.
Wie sieht die Lösung dieses Dilemmas aus? Betroffene Internet-Händler müssen ihre Unterwerfungserklärung rechtzeitig zum 11.6.2010 mit Verweis auf die neue Gesetzeslage kündigen und so verhindern, dass sie hohen Zahlungsansprüchen ausgesetzt werden.

Daher der dringende Rat an alle Internet-Händler: überprüfen Sie zum einen, ob Sie in der Vergangenheit entsprechende Unterlassungserklärungen abgegeben haben und prüfen Sie, ob diese Unterlassungserklärungen auch vor der neuen Gesetzeslage ab 11.6.2010 noch Bestand haben können.

Falls Sie unsicher sind, ob Sie gefährdet sind oder was Sie tun sollen, so holen Sie fachkundigen Rechtsrat ein. Gerne steht Ihnen die IT-Recht Kanzlei hierzu zur Verfügung.

Fazit
Am 11.6.2010 widerfährt zahlreichen Ebay-Händlern etwas Gutes. An diesem Tag tritt die Gesetzesänderung in Kraft, die dazu führt, dass die Händler den Verbrauchern nur noch eine Widerrufsfrist von zwei Wochen "gewähren" müssen, wenn sie die Verbraucher unverzüglich nach Auktionsende entsprechend informieren.

Allerdings müssen die alten Widerrufsbelehrungen an die neue Rechtslage fristgemäß angepasst werden. Wer dies vernachlässigt, läuft Gefahr, ab dem Stichtag womöglich abgemahnt zu werden.

Aber selbst, wer seine Widerrufsbelehrungen pünktlich anpasst, kann in rechtliche Schwierigkeiten geraten - nämlich dann, wenn er in der Vergangenheit bereits einmal wegen seiner Widerrufsbelehrung abgemahnt worden ist. In einem solchen Fall sollten Händler besonders umsichtig sein und m Zweifel fachkundigen Rechtsrat einholen.

Die Münchner IT-Recht Kanzlei ist eine Sozietät, die diverse Schutzpakete für Online-Händler anbietet und bereits in den letzten Jahren über 1500 gewerbliche Interentpräsenzen vor Abmahnungen abgesichert hat.

Nutzen auch Sie das Know-How der Münchner IT-Recht Kanzlei, die sich auf das IT-Recht spezialisiert hat, um ihren Mandanten eine professionelle und umfassende juristische Beratung in diesem Bereich sicherstellen zu können.

Den Shop der IT-Recht Kanzlei finden interessierte Händler unter www.it-recht-kanzlei.de
IT-Recht-Kanzlei
Max-Lion Keller
Alter Messeplatz 2
80339
München
m.keller@it-recht-kanzlei.de
089/13014330
http://it-recht-kanzlei.de


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Zum 11. Juni 2010 gibt es im Widerrufsrecht einige Regeländerungen, die sich unmittelbar in der Praxis auswirken werden. Aktuell gültige Widerrufsbelehrungen werden dann rechtswidrig und müssen entsprechend angepasst werden. Händlern, die sich nicht auf die Umstellung vorbereiten, drohen kostspielige Abmahnungen. Die IT-Recht Kanzlei zeigt, worauf Online-Händler achten müssen.

Einleitung
Der 11. Juni 2010 ist ein besonderes Datum. An diesem Tag beginnt nicht nur die erste Fußballweltmeisterschaft auf dem schwarzen Kontinent, sondern in Deutschland tritt auch eine wichtige Gesetzesänderung in Kraft, die es in sich hat.

Wichtige, praxisrelevante Punkte im Widerrufsrecht ändern sich, viele Händler werden ihre Widerrufsbelehrungen termingenau zum 11. Juni abändern müssen. Und selbst wer dies beachtet, ist vor Rechtsstreitigkeiten nicht vollkommen sicher.

Das Gesetz zur Gesetzesänderung
Stein des Anstoßes ist die Verabschiedung des so genannten "Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie, des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht".

Der entsprechende Gesetzesentwurf kann auf der Seite des Bundestages an dieser Stelle als PDF-Datei heruntergeladen und eingesehen werden.

Widerrufsfrist bei Internetauktionen: nun zwei Wochen statt einem Monat möglich!
Neue Widerrufsfrist bei Ebay-Geschäften möglich
Für viele Ebay-Verkäufer (und andere Händler, die auf ähnlichen Internetplattformen ihre Produkte anbieten) ist dies die wohl wesentlichste Änderung, die das neue Gesetz mit sich bringt: So gilt ab dem 11.6.2010, dass Verbrauchern bei Geschäften auf Ebay (und ähnlichen Plattformen) unter bestimmten Voraussetzungen nur noch eine Widerrufsfrist von zwei Wochen zusteht. Bislang galt bei Geschäften, die über Ebay abgewickelt wurden, eine Widerrufsfrist von einem Monat.

Rückblende - wie ist eigentlich die aktuelle Rechtslage?
Zur Erinnerung und Erläuterung eine kurze Historie: bislang bestimmt das Gesetz in § 355 Absatz 1 Satz 2 BGB, dass der Widerrufsberechtigte sein Widerrufsrecht innerhalb von zwei Wochen ausüben kann, wobei die Frist gemäß § 355 Absatz 2 Satz 1 BGB mit dem Zeitpunkt zu laufen beginnt, zu dem der Verbraucher eine deutlich gestaltete Belehrung über sein Widerrufsrecht (sog. "Widerrufsbelehrung") in Textform mitgeteilt worden ist.

Nach § 355 Absatz 2 Satz 2 BGB beträgt die Widerrufsfrist sogar einen Monat, wenn die entsprechende Belehrung erst nach Vertragsschluss erfolgt.

Die Rechtsprechung stellte diesbezüglich in der Vergangenheit fest, dass eine Widerrufsbelehrung auf einer Internetseite, z.B. auf der Verkäuferseite eines Ebay-Händlers, nicht der gesetzlich geforderten Textform im Sinne des § 126b BGB genügt. Denn eine solche Belehrung auf einer Internetseite sei nicht dauerhaft - aber genau das müsste sie gemäß § 126b BGB sein. Demgegenüber akzeptierte die Rechtsprechung die E-Mail als eine Mitteilung in Textform. Denn auf eine E-Mail kann dauerhaft zugegriffen werden, da sie solange im E-Mail-Postfach aufbewahrt werden kann, wie es der Verbraucher wünscht.

Die Folge dieser Rechtsprechung war, dass aufgrund des Ablaufs eines typischen Ebay-Geschäfts immer eine Widerrufsfrist von einem Monat galt. Denn erst die Widerrufsbelehrung, die im Rahmen der Bestätigungsmail nach Abschluss einer Ebay-Auktion erfolgte, genügte in den Augen der Rechtsprechung den Anforderungen des Gesetzes, so dass - der Vertrag ist ja dann bereits geschlossen - immer ein Fall der Belehrung nach Vertragsschluss, also ein Fall der einmonatigen Widerrufsfrist vorlag.

Was ändert sich nun ab dem 11. Juni?
Der Gesetzgeber hat mit Wirkung zum 11. Juni 2010 den Wortlaut des § 355 BGB wesentlich geändert. Die Absätze zwei bis vier wurden komplett umformuliert. Daraus folgt nun, dass

die Widerrufsfrist 14 Tage dauert, wenn die (vollständige) Widerrufsbelehrung dem Verbraucher spätestens zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses in Textform mitgeteilt wird (dies galt schon bisher, s.o.)
die Widerrufsfrist bei Fernabsatzverträgen (somit bei vielen Verträgen, die im Internet geschlossen werden) auch dann 14 Tage dauert, wenn die (vollständige) Widerrufsbelehrung unverzüglich nach Vertragsschluss dem Verbraucher in Textform (z.B. als E-Mail) mitgeteilt wird.
die Widerrufsfrist einen Monat dauert, wenn die Mitteilung (also Belehrung) nicht mehr unverzüglich nach Vertragsschluss, sondern später stattfindet.
Diese Gesetzesänderung führt dazu, dass in allen Fällen, in denen der Verkäufer dem Verbraucher aus praktischen oder technischen Gründen (bei einer Ebay-Auktion weiß der Verkäufer ja erst mit dem Ende der Auktion, wer sein Vertragspartner ist) zwar unmittelbar, aber eben doch erst nach Vertragsschluss die Widerrufsbelehrung in Textform (etwa in Form einer E-Mail) zukommen lässt, nun nicht mehr ein einmonatiges, sondern nur noch ein zweiwöchiges Widerrufsrecht besteht.

Was heißt "unverzüglich"?
In der Praxis wird es nun in Streitfällen darauf ankommen, was man unter "unverzüglich" im Sinne des neuen § 355 BGB zu verstehen hat. Dazu sagt das Gesetz selbst nichts, jedoch macht die Gesetzesbegründung hierzu Ausführungen. Diese verweist u.a. auf die Regelung des § 121 Absatz 1 Satz 1 BGB, wo "unverzüglich" als "ohne schuldhaftes Zögern" definiert wird. Zudem führt die Gesetzesbegründung unter Verweis auf einschlägige Fachliteratur hierzu weiter aus:

Unverzüglich bedeutet, dass der Unternehmer die erste ihm zumutbare Möglichkeit ergreifen muss, um dem Verbraucher die Widerrufsbelehrung in Textform mitzuteilen. Der Unternehmer verzögert die Erfüllung seiner Belehrungspflicht in der Regel schuldhaft, wenn er nicht spätestens am Tag nach dem Vertragsschluss die Widerrufsbelehrung in Textform auf den Weg bringt."
Die Gesetzesbegründung ist nicht das Gesetz selbst. Dies bedeutet, Gerichte könnten zukünftig auch einen anderen Zeitraum als (noch) "unverzüglich" ansehen; sie sind daran nicht gebunden. Dennoch kann man sich als Richtwert wohl merken, dass ein Zeitraum von einem Tag noch als unverzüglich gilt. Im Einzelfall kann jedoch selbstverständlich auch etwas Anderes gelten.

Wertersatz für die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme
Parallel zur Änderung der Widerrufsfrist bei Fernabsatzgeschäften hat der Gesetzgeber auch die damit verbundenen rechtlichen Fragen entsprechend angepasst.

So kann nach der bis zum 11.6.2010 geltenden Rechtslage ein Unternehmer gemäß § 357 Absatz 3 BGB vom Verbraucher wegen einer durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme der Sache entstandenen Verschlechterung Wertersatz verlangen, wenn er den Verbraucher spätestens bei Vertragsschluss in Textform darüber aufgeklärt und so auf diese Möglichkeit hingewiesen hat.

Hierzu ein kurzes Beispiel:

Der typische Fall ist der Kauf eines Neuwagens. Schon allein durch die Zulassung eines fabrikneuen Pkws sinkt dessen Marktwert, da es sich nun - ohne dass das Fahrzeug auch nur einen Meter bewegt wird - nicht mehr um ein nagelneues Fahrzeug handelt. Den entsprechenden Wertunterschied kann der Händler nun unter Umständen vom Käufer ersetzt verlangen, wenn die entsprechenden gesetzlichen Voraussetzungen gegeben sind. Dies ist deshalb gerechtfertigt, weil der Händler das Auto nun nicht mehr zum vollen Preis verkaufen kann.
Nach der gesetzlichen Neuregelung ab 11.6.2010 genügt es - parallel zur neuen Widerrufsfristenregelung -, wenn der Hinweis hierauf in Textform zumindest unverzüglich nach Vertragsschluss gegenüber dem Verbraucher (Käufer) stattfindet.

Demzufolge scheint es für Unternehmer nun einfacher zu sein, von ihren Kunden für Verschlechterungen, die durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme entstanden sind, Wertersatz zu verlangen. Allerdings ist diese deutsche Regelung vom Europäischen Gerichtshof beanstandet worden, so dass im Moment fraglich ist, ob sie aktuell noch Geltung besitzt, also ob es Unternehmern überhaupt erlaubt ist, entsprechenden Wertersatz zu verlangen. Diese rechtliche Schwebelage wird weiter zu beobachten sein.

Die BGB-InfoV entfällt!
Alle Fernabsatzhändler müssen den Text ihrer Widerrufsbelehrungen auch insofern zum 11.6.2010 ändern, als dass sie in ihr nicht mehr - wie bislang - auf die BGB-InfoV (=Verordnung über Informations- und Nachweispflichten nach bürgerlichem Recht) verweisen dürfen. Diese wird es ab dem Stichtag nämlich nicht mehr geben. Stattdessen werden die entsprechenden Regelungen nun in das sog. "Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch" (kurz: EGBGB) aufgenommen.

Der Hintergrund dieses für Laien möglicherweise sinnlos erscheinenden Vorgangs ist der folgende: Die BGB-InfoV ist nur eine sog. Rechtsverordnung, die nicht vom Bundestag (der legislativen, also gesetzgebenden Gewalt), sondern von einem Ministerium (also der Exekutive) erlassen wurde und daher in der Rangordnung der Rechtsnormen unter einem Gesetz, das vom Bundestag erlassen wurde (=sog. "formelles Gesetz"), steht.

Dieser "mindere Rang" der BGB-InvoV hatte konkrete, praktische Auswirkungen. Vor allem bei der sog. Musterwiderrufsbelehrung, die in der BGB-InfoV enthalten ist, kam es zu rechtlichen Problemen. Da die Musterwiderrufsbelehrung teilweise nicht den (höherrangigen) gesetzlichen Anforderungen entsprach, obwohl sie von einem Ministerium erlassen worden ist, bekamen Händler, die diese Musterwiderrufsbelehrung verwendet haben, vor den Gerichten Probleme. Dies verunsicherte selbstverständlich viele Unternehmer, die sich darauf verlassen hatten, nichts Falsches zu tun, wenn sie sich an die Musterwiderrufsbelehrung des Ministeriums hielten.

Nun erhalten alle Regelungen, die bislang in der BGB-InfoV geregelt sind (somit auch die Musterwiderrufsbelehrung) zum 11.6.2010 den Rang eines Gesetzes, so dass ihr mehr Vertrauen entgegen gebracht werden kann. Dies bedeutet im Konkreten, dass Händler, die sie als Vorlage verwenden, keine Angst mehr vor den Richtern haben müssen.

Konsequenzen ziehen - handeln!
Die gesetzlichen Änderungen führen dazu, dass alle bislang rechtsgültigen Widerrufsbelehrungen ab dem 11.6.2010 rechtswidrig sind.

Abmahngefahr
"Abmahngeneigte" stehen sicherlich bereits in den Startlöchern und warten darauf, dass Online-Händler den Termin zur Anpassung ihrer Widerrufsbelehrung verpassen. Händler sollten daher unbedingt darauf achten, sich frühzeitig um eine neue Widerrufsbelehrung zu kümmern und diese zeitgenau zum 11.6.2010 einzusetzen. Vor diesem Termin darf die neue Widerrufsbelehrung allerdings noch nicht verwendet werden - davor ist sie rechtswidrig und kann wohl zu Abmahnungen führen!

Keine Übergangsregelung
Es gibt keine Übergangsregelung, so dass tatsächlich bis zum 11.6.2010 das alte Recht gilt, d.h. bis dahin die aktuell rechtmäßigen Widerrufsbelehrungen zu verwenden sind.

Ab diesem Datum müssen jedoch sofort und ohne Schonfrist die an die neue Rechtslage angepassten Widerrufsbelehrungen verwendet werden.

Hoher Schaden droht!
Leider sind diese Anpassungen nicht das einzige Übel, das mit der Gesetzesänderung droht.

All diejenigen Händler, die in der Vergangenheit bereits einmal wegen einer falschen Widerrufsbelehrung rechtmäßig abgemahnt worden sind und daraufhin eine sog. strafbewehrte Unterlassungs- oder Verpflichtungserklärung abgegeben haben, müssen bei der Änderung ihrer Widerrufsbelehrung besondere Vorsicht walten lassen.

Denn es besteht die Möglichkeit, dass solche Händler durch die Anpassung der Widerrufsbelehrung an die neue Rechtslage gegen die von ihnen abgegeben Unterlassungserklärungen verstoßen und deshalb die vereinbarte Vertragsstrafe bezahlen müssen. Dies erscheint paradox, da die Händler ja nur nach bestem Wissen und Gewissen handeln, wenn sie ihre Widerrufsbelehrung an die neue Gesetzeslage anpassen. Im Übrigen würden sie sich ja gerade auch der Gefahr neuer Abmahnungen aussetzen, wenn sie dies nicht tun. Dennoch droht die Strafzahlung.

Dazu ein Beispiel:

Der Ebay-Händler "elektrostar23" wurde im Jahr 2007 - vollkommen zu Recht - vom Mitbewerber "kein_schrot11" abgemahnt, weil er in seiner Widerrufsbelehrung die Verbraucher darauf hinwies, dass sie ein zweiwöchiges Widerrufsrecht hätten. Tatsächlich stand den Verbrauchern aufgrund der alten Rechtslage jedoch eine Widerrufsfrist von einem Monat zu. elektrostar23 sah damals seinen Fehler ei und unterzeichnete eine mit 5000 Euro bewehrte Unterlassungserklärung mit dem Inhalt, "zukünftig nicht mehr die Verbraucher darauf hinzuweisen, sie hätten eine Widerrufsfrist von zwei Wochen". Diese Erklärung schickte elektrostar23 damals an seinen Mitbewerber "kein_schrot11" zurück.
Wegen der Gesetzesänderung ändert elektrostar23 seine Widerrufsbelehrung entsprechend zum 11.6.2010 und weist - jetzt ja rechtlich zutreffend - die Verbraucher darauf hin, dass die zweiwöchige Widerrufsfrist gelte. Damit tut "elektrostar23" jedoch genau das, wozu er sich gegenüber "kein_schrott11" verpflichtet hat, es gerade nicht zu tun. Dies stellt folglich ein Verstoß gegen die Vereinbarung mit seinem Mitbewerber dar, was dazu führt, dass der Mitbewerber die Zahlung der Vertragsstrafe einfordern könnte.
Wie sieht die Lösung dieses Dilemmas aus? Betroffene Internet-Händler müssen ihre Unterwerfungserklärung rechtzeitig zum 11.6.2010 mit Verweis auf die neue Gesetzeslage kündigen und so verhindern, dass sie hohen Zahlungsansprüchen ausgesetzt werden.

Daher der dringende Rat an alle Internet-Händler: überprüfen Sie zum einen, ob Sie in der Vergangenheit entsprechende Unterlassungserklärungen abgegeben haben und prüfen Sie, ob diese Unterlassungserklärungen auch vor der neuen Gesetzeslage ab 11.6.2010 noch Bestand haben können.

Falls Sie unsicher sind, ob Sie gefährdet sind oder was Sie tun sollen, so holen Sie fachkundigen Rechtsrat ein. Gerne steht Ihnen die IT-Recht Kanzlei hierzu zur Verfügung.

Fazit
Am 11.6.2010 widerfährt zahlreichen Ebay-Händlern etwas Gutes. An diesem Tag tritt die Gesetzesänderung in Kraft, die dazu führt, dass die Händler den Verbrauchern nur noch eine Widerrufsfrist von zwei Wochen "gewähren" müssen, wenn sie die Verbraucher unverzüglich nach Auktionsende entsprechend informieren.

Allerdings müssen die alten Widerrufsbelehrungen an die neue Rechtslage fristgemäß angepasst werden. Wer dies vernachlässigt, läuft Gefahr, ab dem Stichtag womöglich abgemahnt zu werden.

Aber selbst, wer seine Widerrufsbelehrungen pünktlich anpasst, kann in rechtliche Schwierigkeiten geraten - nämlich dann, wenn er in der Vergangenheit bereits einmal wegen seiner Widerrufsbelehrung abgemahnt worden ist. In einem solchen Fall sollten Händler besonders umsichtig sein und m Zweifel fachkundigen Rechtsrat einholen.

Die Münchner IT-Recht Kanzlei ist eine Sozietät, die diverse Schutzpakete für Online-Händler anbietet und bereits in den letzten Jahren über 1500 gewerbliche Interentpräsenzen vor Abmahnungen abgesichert hat.

Nutzen auch Sie das Know-How der Münchner IT-Recht Kanzlei, die sich auf das IT-Recht spezialisiert hat, um ihren Mandanten eine professionelle und umfassende juristische Beratung in diesem Bereich sicherstellen zu können.

Den Shop der IT-Recht Kanzlei finden interessierte Händler unter www.it-recht-kanzlei.de
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Alter Messeplatz 2
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